Aufbrüche auf anderen Wegen

Meine Geschichte

„Du wirkst auf mich wie ein freier Mann.“ schreibt ihm eine befreundete Autorin im Spätsommer 2018. Aber der Weg dorthin – ein freier Mann zu sein – war lang.

Aufgewachsen in den 70er Jahren in Ostdeutschland. Das elterliche Pfarrhaus sollte ein Gegenentwurf zur DDR sein – immer offen für Gäste, offen für andere Meinungen, offen für Diskurs und Widerspruch. Was in der öffentlichen Meinung verschwiegen wurde sollte hier im Schutze des Pfarrhauses gesagt werden dürfen. Als kleiner Junge erinnert er sich an hitzige Diskussionen im Zigarrenqualm der Alten: Ein offenes Haus in einer geschlossenen Gesellschaft.

Mutige Worte zur falschen Zeit

In der Schule sagt er was zu Hause diskutiert wird und eckt damit an. Ende der 80er Jahre kommt es auf der Oberschule zu Konflikten. Er hält das Totschweigen der Realität nicht mehr aus. Im Herbst 1988 hängt im Treppenhaus der Erweiterten Oberschule eine Wandzeitung – von Schüler*innen für Schüler*innen. Er nutzt die Gelegenheit. Spricht rechtsradikale und zum Teil faschistische Tendenzen unter Jugendlichen in der DDR an. Ein Thema, welches in der Öffentlichkeit tabuisiert wird. Aber irgendwer verpfeift ihn bei der Stasi. Kurze Zeit später hat der Schulleiter ihn „am Kragen“. Er wird gezwungen, seine Aussage zu revidieren. Der Anpassungsdruck ist allgegenwärtig. Die Stasi legt als weitere Maßnahme fest: „Weitere Kontrolle des v. Reinersdorff durch Einsatz des ‘Clausewitz’“. Seinen Wunsch, Medizin oder gar Jura zu studieren, kann er vergessen.

Die friedliche Revolution

Im Herbst 1989 demonstriert er auf den Straßen und wird so Teil der friedlichen Revolution. Den Fall der Berliner Mauer und den Sturz des SED-Regimes erlebt als das einschneidendste Erlebnis. Auf nasskalten Straßen im Herbst skandiert er mit so vielen anderen: „Wir sind das Volk!“. Und die politische Prägung aus dem Elternhaus nimmt endlich konkrete Gestalt an. Als er seinem Vater von seinen Ängsten vor Polizeigewalt am Rande von Demonstrationen erzählt sagt der nur lapidar: „Und wenn du Prügel beziehst – es ist für einen guten Zweck.“

Viele Menschen erwarten nach den Jahren der Einheitspartei nichts mehr von politischen Parteien, wenden sich enttäuscht ab. Er dagegen handelt quer- tritt noch im Revolutionsherbst in die neu gegründete Sozialdemokratische Partei der DDR ein. Er nutzt die geschenkte Freiheit und engagiert sich politisch. Bei den ersten Kommunalwahlen im Mai 1990 kandidiert er als gerade 19 jähriger für ein politisches Mandat im Kreistag. Mit Erfolg. Er erlebt aber auch den nahezu vollständigen Zusammenbruch staatlicher Strukturen. Alles was über Jahre zementiert war, bricht nun „über Nacht“ in sich zusammen. Dieser disruptive Wandel wird ihn bis heute prägen: Nichts ist von Dauer und was heute erfolgreich ist kann schon in wenigen Monaten der Vergangenheit angehören. Da lernt er in unsicheren Zeiten, mutig kleine Schritte zu gehen.

Karriere als Personalleiter

Endlich kann er sein Ding machen – Das Jurastudium, an das zu DDR-Zeiten überhaupt nicht zu denken war, ist nun möglich. Er studiert in Marburg Rechtswissenschaften. Nach dem zweiten Examen geht er als Wirtschaftsjurist in die Logistikbranche und macht dort als Personalleiter Karriere. Zuerst in Halle, dann in Dresden und später in Hamburg. Die Aufgaben und die Verantwortung werden immer mehr. Zuletzt in Hamburg ist er als Personalleiter verantwortlich für mehr als 4.000 Mitarbeiter*innen. In dieser Zeit begleitet er unzählige Menschen durch zahlreiche Veränderungsprozesse. Er hört zu, macht Mut, findet Lösungen im Einzelfall. Unterhält gute Kontakte zu Gewerkschaften und Betriebsräten. Er hat früh gelernt, auch in schwierigen Situationen im Gespräch zu bleiben. Er findet seine Rolle: Vom bespitzelten Außenseiter in der DDR-Schule zum Personalleiter eines Logistikkonzerns in Hamburg.

Buchautor und Sabbatical

Aber getreu dem Motto: „Ein guter Jurist ist mehr als ein guter Jurist“ veröffentlich er in 2009 sein erstes Buch: „Zwanzig Nach – Skizzen über zwanzig deutsche Jahre seit 1989“ (Buchwerkstatt Berlin). In 17 Essays schreibt er sich seinen Frust von der Seele über die Wiedervereinigung und deren Folgen, insbesondere für die Menschen in Ostdeutschland. Als ob es in der westdeutschen Wahrnehmung die vierzig Jahre Leben in der DDR nicht gegeben habe schreibt er u.a. über „Die Ignoranz des deutschen Dualismus zwischen 1945 und 1990.“

Ein paar Jahre später nimmt er sich ein viermonatiges Sabbatical. Für ihn die Gelegenheit, den Kopf frei zu bekommen. Quer zu denken. Kreativ zu sein. Er sehnt sich danach, mal wieder was ganz Anderes zu machen. Während andere Kolleg*innen auf Weltreise gehen bleibt er in Deutschland. Zusammen mit seinem Vater will er dessen Lebensgeschichte aufarbeiten. Er fährt mit ihm quer durchs Land und bringt alte Weggefährten des Vaters miteinander ins Gespräch. Am Ende des Sommers hat er mehrere Stunden Gespräche aufgezeichnet.

Daraus entsteht sein zweites Buch: „Späte Gespräche – Ein DDR-Pfarrer und seine Weggefährten“ (Manuela-Kinzel-Verlag). Die Gesprächspartner erzählen ihre eigene Geschichte, um die Lebensgeschichte des Vaters zu ergänzen und zu korrigieren. Der Rezensent Thomas Hirsch-Hüffell schreibt: „In allem ist es anrührend zu sehen, wie Sohn und Vater gemeinsam an ihrer gemeinsamen Geschichte weben, So kann die Generation der Nachgeborenen mit ihrer neu erlernten Beziehungsfähigkeit behutsam die stummen Väter öffnen und sie in vitaler Weise aus dem Leben geleiten.“

Abschied und Neuanfang

Das Buch erscheint kurz vor dem Tod des Vaters. Es war die letzte Gelegenheit, die Lebensgeschichte mit ihm zusammen aufzuarbeiten. Etwa zur gleichen Zeit muss er sich beruflich neu orientieren. Der Grund: Eine Umstrukturierung in der Firma. Er vertraut jedoch seiner positiven Erfahrung aus vielen Veränderungsprozessen: Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich irgendwo eine neue Tür. Und seine nächste Station ist völlig quer zur normalen Management-Karriere: Er wechselt als Personalleiter zum SPD-Bundesvorstand ins Willy-Brandt-Haus nach Berlin. Als Personalleiter soll er dort die Kampagne zur Bundestagswahl begleiten. Er verzichtet auf Gehalt und Firmenwagen. Aber es wird für ihn die aufregendste Zeit seiner beruflichen Karriere. Er – der von seiner Jugend an politisch gedacht hat – hat nun im Arbeitsalltag mit Spitzenpolitker*innen zu tun.

Executive Coach & Mediator

Nach einer unvergesslichen Zeit im Willy-Brandt-Haus reift der Entschluss, das Engagement zu beenden. Als es im Hause zu personellen Veränderungen kommt ist für ihn wieder die Zeit, ein neues Abenteuer zu riskieren: So rückt der Traum einer freiberuflichen Tätigkeit näher. „Wann – wenn nicht jetzt?“, denkt er.

Er macht sich selbstständig – als Business Coach, spezialisiert sich auf Executive Coaching. Er ermutigt seine Klienten zur Selbstreflexion. Schon über dem Tempel von Delphi stand: „Erkenne Dich selbst!“ Er will den Diskurs zu den relevanten Fragen: „Welche Werte geben mir Orientierung?“, „Wie prägt meine Arbeit meine Identität?“ „Ist Dein Leben an den Dingen ausgerichtet, die Dir wirklich wichtig sind?“ Er fordert auf, eingeschliffene Routinen „gegen den Strich zu bürsten“, undenkbare Optionen zu skizzieren, vermeintliche Konstanten im Leben zu hinterfragen. 

Seine Botschaft: Es gibt immer eine Option. Du bist frei und hast mehr Möglichkeiten als Du glaubst. Lass uns zusammen quer denken und dann öffnet sich für Dich eine neue Tür. Du findest Deinen Platz im Leben, wenn Du Deine gesamte Biografie – privat und beruflich – in den Blick nimmst. Es geht um Dich als Person mit all ihren Facetten. So ermöglicht er seinen Klienten, eine kohärente Lebensgeschichte zu erzählen. Die eigene Vergangenheit wird zur Legitimation für die berufliche Zukunft. So erleben seine Klienten die Coachings als einen Ort, um sich neu zu ver-Orten. Er versteht sich als Mutmacher in dem Sinne, dass jeder von uns seinen Platz im Leben finden kann.

Berufliche Vita

Ausbildung:
Studium der Rechtswissenschaften an der Philipps-Universität in Marburg, erstes Staatsexamen 1995 und zweites Staatsexamen 1998.
Ausbildung zum zertifizierten Business Coach bei Coatrain GmbH in Hamburg 2013. Ausbildung zum Mediator am Institut für konstruktive Konfliktaustragung und Mediation e.V. in Hamburg 2019, Zertifizierung zum Coach für den LINC PERSONALITY PROFILER beim Linc Institute Lüneburg, 2021

Berufs- und Führungserfahrung:
Von 1999 bis 2015 Tätigkeit als Wirtschaftsjurist und Personalleiter bei der Deutschen Bahn AG
Von 2015 bis 2018 Personalleiter beim SPD-Parteivorstand in Berlin.
Seit 2018 Executive Coach und Mediator

Erstberatung